Bildung für nachhaltige Entwicklung
Der Begriff „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) geht auf den so genannten „Erdgipfel“ von Rio de Janeiro (1992) und den dort verabschiedeten Aktionsplan „Agenda 21“ zurück. Es geht darum, immer mehr solche Werte, Einstellungen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln und zu fördern, die mit einer nachhaltigen Entwicklung der Erde und der Menschheit vereinbar sind. Auf der Nachfolgekonferenz „Rio+10“ in Johannesburg (2002) folgte die Empfehlung für den Aufruf zu einer „Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014). Ziel dieser weltweiten Kampagne ist es, dass Kindergärten und Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen nachhaltiges Denken und Handeln vermitteln. Kinder und Erwachsene sollen darin unterstützt werden, sinnvolle Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und drängende globale Probleme gemeinschaftlich zu lösen. Dazu bedarf es Wissen und Kompetenzen, zum Beispiel vorausschauendes Denken oder Teamfähigkeit, aber auch Werte, die einem ethischen Verhalten zugrunde liegen.
BNE basiert auf drei Säulen: Werte, Wissen, Kompetenzen
Nachhaltige Entwicklung orientiert sich an folgenden Werten: Generationen-und Geschlechtergerechtigkeit, Toleranz, Armutsminderung, Schutz der Umwelt, Bewahrung der natürlichen Ressourcen sowie gerechte und friedliche Gesellschaften. Das Ziel der UN-Dekade ist es, diese Werte in allen Bildungsbereichen zu verankern. Neben dem Wissen über globale Probleme wie z.B. den Klimawandel oder Armut sowie deren komplexe wirtschaftliche, ökologische und soziale Ursachen sind Kompetenzen, die zum Handeln hinführen sollen, von besonderer Bedeutung.
Ein zentraler Begriff der UN-Dekade ist die „Gestaltungskompetenz“, die durch elf Teilkompetenzen genauer beschrieben werden kann:
- Weltoffen und neue Perspektiven integrierend Wissen aufbauen
- Vorausschauend Entwicklungen analysieren und beurteilen können
- Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen und handeln
- Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen können
- Gemeinsam mit anderen planen und handeln können
- Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen können
- An kollektiven Entscheidungsprozessen teilhaben können
- Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden
- Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren können
- Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage nutzen können
- Selbstständig planen und handeln können
Waldorfpädagogik und „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ Die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ist ein Aufruf der Vereinten Nationen an alle mit Bildung befassten Personen und Institutionen weltweit, einen als notwendig und bevorstehend angesehenen neuen Entwicklungsschritt der Menschheit zu unterstützen.
Insofern richtet sich dieser Aufruf auch an private Bildungseinrichtungen wie z.B. Waldorfschulen.
Die Werte und Ziele der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der UN-Dekade weisen viele Übereinstimmungen auf mit denen, die auch in der Waldorfpädagogik verfolgt werden. Wertevermittlung, soziale und Selbstkompetenzen sowie handlungsorientiertes Lernen spielen auch in der Waldorfpädagogik eine wichtige Rolle, ebenso wie der Gedanke der Achtung und Verantwortung des Menschen für seine Mitmenschen, die Naturreiche und die Grundlagen des Lebens überhaupt. Eine spezifisch waldorfpädagogische Form der Umsetzung der UN-Dekade wäre zu erarbeiten – vom Kindergarten über Unter- und Mittelstufe bis zum Ende der Schulzeit.
Das bislang schon vorliegende Material aus dem Bereich der staatlichen und anderer freier Bildungsträger könnte hierfür zunächst eine Art „Dialoginstrument“ bilden. Es ergäbe sich die Chance, aus einer globalen und menschheitlichen Perspektive heraus Impulse für die notwendigen Weiterentwicklungen der Waldorfpädagogik zu gewinnen und diese den vorhandenen Grundlagen hinzuzufügen. Die Anliegen der Waldorfpädagogik können in Zukunft immer weniger allein durch den Verweis auf die „Wurzeln“ kommuniziert werden, auch wenn diese für die Methodik und fachliche Bildung von Lehrern und Eltern weiter eine wichtige Rolle spielen. Wie auch in anderen Lebensbereichen, wie beispielsweise der Medizin oder der Landwirtschaft, gewinnen für die öffentliche Wahrnehmung und Beurteilung dessen, was Waldorfpädagogik ist, die Qualität der Arbeit und ihr Beitrag zu aktuellen Fragen der Bildung und Entwicklung an Bedeutung. Auch in dieser Hinsicht könnte eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit den Kompetenzbegriffen der UN-Dekade eine große Chance für die Schulentwicklung darstellen. Und vielleicht auch „weltoffen und neue Perspektiven integrierend Wissen aufzubauen.“