Baufinanzierung: Annuitätendarlehen vs. Tilgungsdarlehen
Bevor man sich den großen Traum vom Eigenheim erfüllt, sollte man alles vorher genau durchrechnen. Die Entscheidung für eine Immobilie kann Bauchsache sein, die Finanzierung aber sollte auf Zahlen und Fakten beruhen. Vor dem Kauf sollten die eigenen finanziellen Möglichkeiten geklärt werden: Welche Darlehenshöhe wird benötigt? Welche Rate kann monatlich gezahlt werden? Welche Zinsbindung passt zur individuellen Situation? Nach dieser Analyse kann man sich für zwei mögliche Arten für die Darlehensrückzahlung entscheiden: für das Annuitätendarlehen und das Tilgungsdarlehen.
Das Annuitätendarlehen – was ist das?
Das Annuitätendarlehen ist die beliebteste Variante der Baufinanzierung. Bei dieser Darlehensart bleibt die Annuität (das ist die monatliche Rate) gleich. Sie besteht aus dem Tilgungs- und dem Zinsanteil. Die Rate bleibt zwar über die gesamte Laufzeit gleich, aber der Anteil von Tilgung und Zins verschiebt sich. Der Zinsanteil ist anfänglich höher und der Tilgungsteil niedriger. Mit fortgeschrittener Zeit dreht sich dieses Verhältnis um. Üblich ist, dass der Zinssatz für fünf, zehn oder 15 Jahre festgeschrieben wird und sich mit jeder gezahlten Annuität die Restschuld des Darlehens verringert.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung
Zur Veranschaulichung sei folgendes Beispiel gegeben: Der Kreditnehmer vereinbart eine Darlehenssumme von 100.000 Euro mit einem Sollzins von 2 Prozent. Die vereinbarte monatliche Rate beträgt 1.000 Euro.
Aus diesem Beispiel lässt sich leicht errechnen, dass pro Jahr 2.000 Euro Zinsen anfallen, also 166,67 Euro pro Monat. Daraus ergibt sich der Tilgungsanteil mit 833,33 Euro. Die Restschuld beträgt 100.000 – 833,33, also 99.166,67 €. Die Zinsen sind dann 1.983,33 Euro pro Jahr bzw. 165,28 Euro pro Monat. Der Tilgungsanteil ist 834,72 Euro. Dies lässt sich so fortführen. Aus dieser Berechnung erkennt man die Verschiebung von Zins- und Tilgungsanteil.
Die Vorteile eines Annuitätendarlehens
Für ein Annuitätendarlehen spricht, dass die Finanzierung über die gesamte Laufzeit übersichtlich ist. Die Ausgaben sind somit besser planbar. Durch die gleichbleibenden Monatsraten lässt sich die monatliche Belastung über einen langen Zeitraum leicht berechnen. Ein weiterer Vorteil ist die Zinsbindung. Unabhängig von der Marktentwicklung ergibt sich während der Laufzeit ein fester Zinssatz. Ebenfalls von Vorteil ist, dass sich mit jeder bezahlten Rate der Tilgungsanteil erhöht.
Die Nachteile eines Annuitätendarlehens
Ein großer Nachteil eines Annuitätendarlehens können gerade die konstanten Raten sein. Man weiß nie, wie das Leben spielt, und so kann es passieren, dass der Kreditnehmer in eine finanzielle Notsituation gerät, und gerade in dieser Zeit Flexibilität braucht. Inzwischen bieten viele Banken aber eine zeitlich begrenzte Anpassung der Ratenzahlungen an.Zudem ist ein Annuitätendarlehen nur unter ganz bestimmten Bedingungen kündbar. Die Kündigung geht meist mit enormen finanziellen Einbußen für den Kreditnehmer einher. Das finanzierende Kreditinstitut kann nämlich eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, die nicht gerade gering ist.
Ein weiterer Nachteil ist, dass man die Bedingungen einer Anschlussfinanzierung nicht kennt, wenn nach dem Ende der Vertragslaufzeit noch eine Restschuld verbleibt. Die Konditionen können nach so einer langen Laufzeit sehr zum Nachteil des Kreditnehmers sein.
Welche Alternative zum Annuitätendarlehen gibt es?
Eine Alternative zur klassischen Baufinanzierung mit Annuitätendarlehen ist das Tilgungsdarlehen. Bei diesem ist im Gegensatz zum Annuitätendarlehen nicht die monatliche Rate, sondern die Tilgung festgeschrieben. Zu der Tilgung wird der Zins hinzugerechnet, der auf der Basis der noch vorhandenen Restschuld ermittelt wird. Somit sind die Raten bei einem Tilgungsdarlehen flexibel. Je weiter die Laufzeit voranschreitet, umso geringer werden die monatlich zu zahlenden Raten. Daraus ersieht man leicht, dass sich die Restschuld schneller verringert als bei einem Annuitätendarlehen. Hier erhöht sich der Tilgungsanteil gegen Ende der Laufzeit.
Ein paar Tipps zum Schluss:
Kreditnehmer sollten sich nicht über niedrige Zinsen freuen. Das bedeutet nämlich niedrige Monatsraten. Was zunächst verlockend klingt, hat einen Haken: Wenn er Zins niedriger ist, ist die Tilgung geringer. Damit sind die Monatsraten geringer, aber die Laufzeit verlängert sich. Das kann bedeuten, dass die Immobilie vielleicht nicht abbezahlt werden kann. Immobilienkäufer sollten daher in Niedrigzinsphasen die Vereinbarung einer höheren Tilgung treffen, damit am Ende der Laufzeit nicht Schulden bleiben.
Um das Zinsrisiko zu senken, sollte man die Möglichkeit der Sondertilgung mit in den Darlehensvertrag aufnehmen lassen. Dies eröffnet dem Kreditnehmer die Möglichkeit, zusätzliche Zahlungen in beliebiger Höhe zu leisten. So kann ein größerer Teil auf einmal abbezahlt werden.
Immobilienkäufer, die viel auf einmal tilgen können, benötigen wohl kaum eine 15-jährige Zinsbindung, und sollten diese auch nicht vereinbaren.
Wer dagegen weniger tilgen kann, sollte gerade wegen der niedrigen Zinsen eine langfristige Zinsbindung wählen.
Derzeit raten Volkswirtschaftler dazu, eine Immobilie zu kaufen, denn die Zinsen sind derzeit niedrig. Man rechnet damit, dass sie bis 2024 so gering bleiben, da die Europäische Zentralbank (EZB) plant, die Leitzinsen noch eine Weile bei Null Prozent zu belassen.
Kreditnehmer sollten darauf achten, dass der Anteil der Tilgung bei Vertragsbeginn bei wenigstens einem Prozent der aufgenommenen Darlehenssumme ist. Der Grund ist, dass bei niedrigen Zinsen auch der Zinsanteil niedriger ist und dadurch langsamer abbezahlt wird. Somit steigt auch der Tilgungsanteil langsamer an.